10.5445/IR/1000091105
Onwukamike, Kelechukwu Nnabuike
Sustainable Cellulose Solubilization, Regeneration and Derivatization in a DBU-CO$_{2}$ Switchable Solvent System
Karlsruhe
2019
Cellulose
Nachhaltigkeit
homogene Modifizierung
CO2 schaltbare Lösungsmittel
Rückgewinnung
Derivatisierung
Umesterung
Multikomponenten-Reaktionen
en
Doctoral Thesis
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Open Access
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Als Kohlenstoffquelle mit der größten Verfügbarkeit auf unserem Planeten, ohne Konkurrenz zur Lebens- und Futtermittelversorgung, stellt Cellulose eine interessante Alternative dar, um die vielfältig genutzten, nicht-nachhaltigen Polymere auf Erdölbasis zu ersetzen. Die Mehrheit der Forscher, die mit diesem faszinierenden Biopolymer arbeiten, vernachlässigt allerdings Überlegungen zur Nachhaltigkeit in die chemische Modifizierung von Cellulose bei der Herstellung von Materialien zu integrieren. Die Konsequenz dessen ist eine Verlagerung der Umweltbelastung auf andere Abschnitte des Prozess-Zyklus. Um Nachhaltigkeit sicherzustellen, sind deshalb sowohl der erneuerbare Aspekt von Cellulose als auch Überlegungen zur Nachhaltigkeit im Reaktionsprozess wichtig. Dies beinhaltet die Berücksichtigung des Lösungsmittels, die Reaktanden, des Derivatisierungsprozesses, die produzierten Abfälle sowie eine Beurteilung der Nachhaltigkeit der resultierenden Produkte, die relevante Eigenschaften aufweisen müssen um mit bestehenden Alternativen konkurrieren zu können. Diese Arbeit ist deshalb in drei Teile gegliedert (Löslichkeit, Rückgewinnung und Derivatisierung von Cellulose) und befasst sich mit den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit während der Umsetzung von Cellulose mit dem Ziel, verarbeitbare Materialien herzustellen.
Im ersten Teil der Arbeit wurde ein nachhaltiges Lösungsmittelsystem für Cellulose untersucht. In diesem Zusammenhang wurde eine detaillierte Optimierungsstudie des DBU-CO2 schaltbaren Lösungsmittelsystems mittels in-situ Infrarot Spektroskopie durchgeführt. Nach der Optimierung konnten bis zu 8 Gew.-% Cellulose innerhalb von 15 min. bei 30°C und einem niedrigen CO2-Druck (2-5 bar) gelöst werden. Verglichen mit klassischen Lösungsmitteln für Cellulose weist dieses Lösungsmittelsystem verschiedene nachhaltige Aspekte auf: Einfaches Recycling durch entfernen des CO2-Drucks, schnelles und mildes Auflösen und geringere Kosten als ionische Flüssigkeiten. Durch erfolgreiches Abfangen des in-situ gebildeten Cellulose-Carbonats mit einem Elektrophil, konnte schließlich ein besseres Verständnis dieses Lösungsmittelsystems erreicht werden.
Die erfolgreiche Optimierung eines Lösungsmittelsystems für Cellulose führte zum zweiten Teil der Arbeit: der Regenerierung von Cellulose. Hier wurde der bereits mit anderen Systemen beschriebene Weg von Lösen und Ausfällen, gefolgt von Gefriertrocknen übernommen, um Cellulose-Aerogele herzustellen. Verschiedene Bedingungen bei der Verarbeitung wie die Cellulose-Konzentration, Lösungsmittel zum Ausfällen und die Superbase und deren Effekt auf die Eigenschaften der Aerogele (Dichte, Morphologie und Porengröße) wurden untersucht. So wurden Aerogele mit einer Dichte von 0.05-1.20 g/cm3, Porositäten zwischen 92 und 97% und Porengrößen zwischen 1.1 und 4.5 µm erhalten. Zusätzlich wurden im Rasterelektronenmikroskop offene große und makroporöse, miteinander verbundene Cellulose-Netzwerke beobachtet.
Die Derivatisierung von Cellulose zur Herstellung von thermisch verarbeitbaren Materialien wird im dritten Teil der Arbeit behandelt. Dieser Teil ist in die zwei Kapitel Umesterung und Modifizierung durch Multikomponenten-Reaktionen unterteilt. Im ersten Kapitel, und unter Berücksichtigung der Prinzipien der Nachhaltigen Chemie, ermöglichte die einzigartige Natur des DBU-CO2 schaltbaren Lösungsmittelsystems (Möglichkeit zur Änderung der Polarität) den direkten Einsatz von Sonnenblumenöl mit hohem Ölsäuregehalt in der Umesterung von Cellulose. Dieser Ansatz ist nachhaltiger als der übliche Einsatz von aktivierten Säurederivaten (z.B. Anhydride oder Säurechloride), die nicht nur giftig sind, sondern gleichermaßen im Voraus synthetisiert werden müssen. Es wurde ein Substitutionsgrad von 1.59 erreicht und die erhaltenen Fettsäure-Cellulose-Ester (FACEs) konnten zu Filmen mit guten mechanischen und thermischen Eigenschaften verarbeitet werden (E-Module von bis zu 478 MPa, maximale Spannung von 22 MPa, Zersetzungstemperaturen bis zu 368°C). Im zweiten Kapitel wurden Multikomponenten-Reaktionen (MCRs) eingesetzt, um multifunktionale, verarbeitbare Materialien auf Cellulosebasis zu synthetisieren. MCRs sind Eintopfreaktionen, weisen üblicherweise eine hohe Atomökonomie und Effizienz auf und benötigen keine Aufreinigung zwischen den Syntheseschritten. Der erste Ansatz, Cellulose direkt mit CO2 in einer Ugi Fünfkomponenten-Reaktion umzusetzen, war nicht erfolgreich. Ein indirekter Ansatz unter Verwendung von mit Bernsteinsäureanhydrid modifizierter Cellulose in der Ugi Vierkomponenten-Reaktion war jedoch erfolgreich. In diesem Fall wurden modifizierte Cellulosederivate mit hohem Molekulargewicht (193-242 kDa) erhalten, diese zeigten hohe Tg-Werte zwischen 99 und 116°C. Die Tg-Werte konnten durch einen einfachen Austausch der einzelnen Komponenten verändert werden.
Um den Anwendungsbereich der Multikomponenten-Reaktionen zu erweitern, wurde anschließend die Passerini Vierkomponenten-Reaktion eingeführt. Der Schlüsselschritt in diesem Ansatz war das in-situ gebildete Carbonat-Ion im CO2 schaltbaren Lösungsmittelsystem, das die direkte Einführung von CO2 in die synthetisierte Verbindung ermöglichte. Dieser Ansatz, der eine Möglichkeit zur Fixierung von CO2 zur Herstellung nützlicher Verbindungen darstellt, ermöglicht auch den direkten Einsatz von verschiedenen Alkoholen (primär, sekundär, aromatisch, allylisch). Da viele Kohlenhydrate Hydroxygruppen enthalten, könnte diese Reaktion in der Zukunft neue Möglichkeiten für deren Modifikation eröffnen.
European Commission
641640