10.20379/DBAUD-0388
Günter Grass Stiftung - Medienarchiv
Gespräch mit dem Schriftsteller Günter Grass über die ideologischen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD vor dem SPD-Bundesparteitag in Hannover: Die ideologischen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD vor dem Bundesparteitag in Hannover
Gespräch mit dem Schriftsteller Günter Grass über die ideologischen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD vor dem SPD-Bundesparteitag in Hannover
Günter Grass Stiftung Bremen - Medienarchiv
2016
Günter Grass Stiftung Bremen - Medienarchiv
Wähler
Wahl
Wahlversprechen
Jungsozialisten
Wahlsieg
Opposition
Godesberger Programm
Stamokap
Gespräch mit Günter Grass über Auseinandersetzungen innerhalb der SPD
Was erwartet Grass von dem SPD-Parteitag in Hannover?
Grass: hat nichts gegen politischen Streit, die Form der Auseinandersetzung habe sich jedoch "ideologisiert"; der sozialdemokratische Wähler könne dadurch seine Partei nicht mehr vollständig identifizieren und reagiere verstimmt; nach ihrem Wahlsieg habe die SPD eine besondere Verantwortung den Wählern gegenüber;
Ist Grass' Unbehagen gegenüber der SPD gewachsen? Wird das Vertrauen der Wähler missbraucht?
Grass: das Vertrauen der Wähler werde missachtet, nicht missbraucht; die SPD sonne sich in ihrem Wahlsieg;
War der Austritt der Stamokap-Gruppe (Stamokap = Staatsmonopolistischer Kapitalismus) in Frankfurt für die SPD willkommen?
Grass: der Vorstand der Jungsozialisten habe beispielhaft richtig gehandelt, indem er auf theoretischer Grundlage die Position der Stamokap-Gruppen untersucht und festgestellt, dass diese nicht zur SPD passt; in Zukunft habe die DKP das "Vergnügen" mit der Stamokap; Grass wünscht sich ein ähnliches Vorgehen innerhalb der CDU in Bezug auf NPD-Anhänger in deren Reihen;
Meint Grass, dass die Jungsozialisten an Boden gewonnen haben?
Grass: die JuSos haben an Ansehen und Boden gewonnen durch politische Leistungen; von Natur aus seien die Jungsozialisten aber Revisionisten im Verhältnis zum Godesberger Programm; daher müssten die JuSos prüfen, wie machbar ihre Forderungen sind; das "Reizwortvokabular des 19. Jahrhunderts" dürfe den JuSos nicht das Konzept verderben; Begriffe wie "Proletarier" oder "bürgerlich" müssten geprüft werden; den Bürgern müssten Begriffe wie "Vergesellschaftungen" klar gemacht werden; in der SPD würden Leute benötigt, die sich nicht durch die Links-Rechts-Auseinandersetzung verwirren ließen; Brandts Begriff der "neuen Mitte", in der die SPD stehe, treffe zu;
Wird es wieder eine so begeisterte Wählerinitiative wie 1972 geben?
Grass: kann sich das nicht vorstellen; Wählerinitiativen müssten in Zukunft kritischer und sachlicher ihrer Partei gegenüber auftreten; das Verhalten der SPD nach ihrem "enormen Wahlsieg" verwundere: die SPD habe noch nicht begriffen, dass sie nun keine Oppositionspartei mehr ist; Brandt habe Recht, wenn er die SPD aus ihr Wahlversprechen als Regierungspartei hinweise.
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