10.20364/VA-22.04
Schuppert, Andreas
Andreas
Schuppert
Universitätsklinikum Aachen
RWTH Aachen University
Polotzek, Katja
Katja
Polotzek
University Hospital Carl Gustav Carus
TU Dresden
Schmitt, Jochen
Jochen
Schmitt
University Hospital Carl Gustav Carus
TU Dresden
Busse, Reinhard
Reinhard
Busse
Technical University of Berlin
Karschau, Jens
Jens
Karschau
University Hospital Carl Gustav Carus
TU Dresden
Karagiannidis, Christian
Christian
Karagiannidis
Lungenklinik Köln-Merheim
Kliniken der Stadt Köln
Heterogene Ausbreitungsdynamik in Deutschland während der zweiten Welle der COVID-19-Pandemie: Zusammenhang mit Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi)
2022
ScholarlyArticle
de
Hintergrund: Die zweite Welle der COVID-19-Pandemie führte zu erheblichen Unterschieden in den Inzidenzraten in Deutschland.
Methoden: Ein annahmefreies k-nearest neighbour (kNN; auf Deutsch „k-nächste Nachbarn“) Clusterverfahren auf Basis einer Hauptkomponentenanalyse der wöchentlichen Inzidenzraten deutscher Kreise findet Cluster ähnlichen Ausbreitungsverhaltens. Die unterschiedliche Ausbreitungsdynamik wurde anhand der Ableitungsdiagramme der zeitlichen Entwicklung der Tupel [x(t),x'(t)] der wöchentlichen Inzidenzraten und ihrer Ableitungen analysiert. Die Wirksamkeit der verschiedenen Lockdown-Maßnahmen in Deutschland während der zweiten Welle wird anhand der Differenz der wöchentlichen Inzidenzen vor und nach den jeweiligen Zeiträumen bewertet.
Ergebnisse: Die Implementierung nicht-pharmazeutischer Interventionen in unterschiedlichem Umfang führte während der zweiten Welle der COVID-19-Pandemie in Deutschland zu vier verschiedenen Zeiträumen mit komplexen, räumlich unterschiedlichen und altersabhängigen Ausbreitungsmustern. Durch Clustering ergaben sich drei Regionen mit jeweils übereinstimmenden Ausbreitungsmerkmalen. Im Oktober 2020 zeigte sich ein bundesweites exponentielles Wachstum der wöchentlichen Inzidenzraten mit einer Verdopplungszeit von 10 Tagen. Ein teilweiser Lockdown im November 2020 verringerte die Gesamtinfektionsraten um 20 bis 40% mit einem plateauartigen Verlauf im Norden und Südwesten Deutschlands. Die östlichen Landesteile wiesen hingegen einen weiteren nahezu linearen Anstieg von 30 bis 80 % auf. Insgesamt stiegen die Inzidenzraten im Alterssegment über 60 Jahre während der Teil-Lockdowns noch um 15 bis 35%. Nur ein erweiterter Lockdown führte dann zu einem deutlichen Rückgang der Inzidenzraten. Durch diese späteren Maßnahmen sanken die Zahlen in allen Altersgruppen und in allen Regionen um 15 bis 45 %. Der Rückgang bis Januar 2021 betrug etwa das -1,25-fache der Wachstumsraten vom Oktober 2020 mit einer starken Korrelation von -0,96.
Schlussfolgerungen: Es wurden drei regionale Cluster mit unterschiedlicher Dynamik und unterschiedlichem Grad der Wirksamkeit der angewandten Lockdown-Maßnahmen ermittelt. Der teilweise Lockdown war mäßig wirksam und stoppte allenfalls das exponentielle Wachstum, die Ausbreitung aber blieb teilweise plateauartig und wuchs regional nahezu linear weiter. Erst der erweiterte Lockdown kehrte auch das lineare Wachstum um.